31.05.2023

Rhystadt-Blog

«In Menschen statt Beton investieren» ist das Fazit des vierten Salon Basel Next

Der Anlass drehte sich um die Verantwortung von Investor*innen, wenn es um bezahlbaren Wohnraum geht und um die zentrale Frage, ob man mit Wohnen Geld verdienen darf. Aus wohlfahrtsökonomischer Sicht sei dies klar zu bejahen, sagte der Professor für Finanzwissenschaft der Uni Fribourg Mark Schelker in seiner Einführung. Die anschliessende Podiumsdiskussion verdeutlichte jedoch, dass das Thema Wohnraumknappheit komplexer und vielschichtiger ist, als es populäre Lösungsansätze vermuten lassen.

Nach dem wissenschaftlichen Referat des eloquenten Ökonomen eröffnete Moderator Dieter Kohler die Podiumsdiskussion mit dem Fraktionspräsidenten der GLP und Grossrat David Wüest-Rudin, dem Geschäftsleitungsmitglied der Stiftung Edith Maryon Dr. Ulrich Kriese und dem Anlagechef der Baloise Matthias Henny. Dabei wurde schnell klar, dass es bei aller Klarheit der Statistiken ganz unterschiedliche Auffassungen gibt, wie mehr und auch bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann.

Lösungsansatz Mietpreisregulierungen

In seiner Keynote betonte Schelker, dass das hochaktuelle Thema und der Ruf nach regulatorischen Massnahmen für mehr bezahlbaren Wohnraum nicht neu seien. Die Zahlen sprechen für sich: Anfang der Neunzigerjahre lag die Leerwohnungsziffer in Basel-Stadt mit 0,2 Prozent weit unter den heutigen 1,2 Prozent. Eine andere Grafik zeigt jedoch, dass die Bautätigkeit nachlässt und sich die Situation mittelfristig verschärfen wird: Einkommen, Arbeitsmarkt, demografische Entwicklung und gesellschaftliche Faktoren wie der steigende Flächenbedarf pro Kopf treiben die Nachfrage nach oben, während Baukosten, Regulierung und Renditeerwartungen das Angebot negativ beeinflussen. Dabei zeige die wissenschaftliche Evidenz deutlich, dass gerade Mitpreisregulierungen immer negative Effekte wie Immobilität, Diskriminierung von Neumieter*innen oder Ineffizienz in der Nutzung mit sich brächten. Die Regulierung des Wohnungsmarktes über den Preis, so das Fazit, sei keine gute Idee.

Der Markt, der keiner sein sollte, aber trotzdem einer ist

Insbesondere Dr. Ulrich Kriese, aber auch Stimmen aus dem Publikum störten sich an Schelkers klassisch ökonomischer Argumentation von Angebot und Nachfrage im Zusammenhang mit dem Zwangskonsumgut Wohnraum, das nur begrenzt verfügbar ist und nach Schweizer Mietrecht dem Markt entzogen werden müsste. «Marktkräfte existieren trotz Regulierung, und Menschen reagieren nun mal auf Anreize », entgegnete Schelker. Dies zu ignorieren, sei der falsche Ansatz. Einig waren sich wenigstens alle, dass es ein grosses Problem ist, wenn nicht alle Zugang zu bezahlbarem Wohnraum haben und dass dies vor allem Haushalte mit tiefen Einkommen stark belaste – insbesondere in den Städten.

Subjekt- statt Objektfinanzierung?

Menschen sollen dort leben können, wo sie wollen und die Möglichkeit haben «sich einen ihrem Bedarf entsprechenden Wohnraum zu beschaffen, dessen Mietzins oder Kosten ihre finanzielle Leistungsfähigkeit nicht übersteigt» – so steht es auch in der Verfassung des Kantons Basel-Stadt. Um dies zu gewährleisten, plädiert Schelker für Subjektförderung. Der Staat soll jene Haushalte finanziell unterstützen, deren Budget durch die Mietkosten zu stark belastet würde. Lösungsansätze, wie die Mieten und damit mögliche Renditen zu begrenzen, wurden in der Runde nach dem Steilpass des Ökonomen sehr kontrovers diskutiert, so etwa die Idee einer Bodensteuer, das Modell der Kostenmiete sowie die Förderung von Genossenschaften. Dagegen argumentierte auch der Baloise-Anlagechef, zumal von «gierigen» Investor*innen nicht die Rede sein könne. Die Renditen, wie sie beispielsweise die Baloise auf dem Klybeck-Areal anstrebe, seinen mit 2-4 Prozent moderat. Aktien brächten heute deutlich höhere Renditen. «Wenn die Mieten fair sind und eine freiwerdende Wohnung sofort wieder vermietet werden kann, ist die Investition in Immobilien risikolos», entgegnete Kriese und plädierte für die Modelle Kostenmiete und Bodensteuer. Pragmatisch argumentierte Wüest-Rudin: Bei Steuerungsmassnahmen brauche es auf jeden Fall ein «ruhiges Händchen», damit die gute Absicht nicht zur bösen Wirklichkeit werde.

Ausklang bei vertiefenden Gesprächen

Die spannende Podiumsdiskussion wurde beim anschliessenden Apéro Riche im Foyer angeregt weitergeführt. Die grosszügigen Räumlichkeiten im WKL-430, wo die Veranstaltungsreihe jeweils stattfindet, zeugen von den Erfolgen einer prosperierenden Chemieindustrie und führen das Entwicklungspotenzial im Klybeck eindrücklich vor Augen. Falls Sie diese Ausgabe des Salon Basel Next verpasst haben, folgen Sie uns auf Social Media oder besuchen Sie regelmässig www.salonbaselnext.ch, um über kommende Veranstaltungen informiert zu bleiben.


Salon Basel Next #4 auf YouTube

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